„Nur wenn der Mensch des Äußeren beraubt wird, wie im Winter, besteht Hoffnung, dass sich ein neuer Frühling in ihm entwickelt“
-Rumi-
Noch ist der Winter nicht vorbei, aber der Frühling sitzt bereits in den Startlöchern und sendet seine Boten voraus. Hier bei uns im Tal, ebenso wie in meiner Seele.
Der Countdown läuft, nur noch wenige Tage und ich werde meine Zeit in Abgeschiedenheit, weit ab von dem was die meisten Menschen unter Leben verstehen, hinter mir lassen.
Noch fällt es mir schwer meine geliebten Wälder, die Wiesen, die Natur gegen ein Leben in der Stadt einzutauschen.
Ich erinnere mich, an die ersten Nacht hier im Tal. Es war so ganz anders als ich es gewohnt war. So unglaublich still und dunkel. Keine Geräusche der Stadt, keine Lichter, kein Leuchten einer Straßenlaterne. Nur dieser unsagbare Sternenhimmel und der Mond, der sein Leuchten in eigentümlicher Klarheit über das Tal hat scheinen lassen. Beeindruckend und beängstigend gleichermaßen.
Die Rückkehr in ein normales Leben hätte der Umzug mir ebnen sollen. Als wir hier eingezogen sind war mein sehnlichster Wunsch zurück in`s Leben zu finden. Direkt nach der Chemotherapie, körperlich auf dem Nullpunkt angelangt , wollte ich nur noch eines. Mir mein altes, betriebsames Leben zurück holen. Wieder einen Platz im gesellschaftlichen Leben finden. Das Haus auf dem Land hätte mein Rückzugsort werden sollen.
Wie sehr mich die kommende Zeit auf mich selbst zurück werfen sollte konnte ich damals noch nicht einmal in Ansätzen erahnen. Unfassbar hart, die Erfahrung. Und ebenso unfassbar groß das Geschenk, welches in ihr verborgen lag. Im Abgetrennt sein, von nahezu allem was an ein „normales“ Leben erinnert, an den äußersten Grenzen meiner eigenen Existenz, da wurde sie geboren, die Freiheit ….nach der ich mich so lange gesehnt habe.
Epilog:
Heute , da ich „mein Tal“ nun wieder verlasse, haben sich meine Bedürfnisse grundlegend geändert. Der Wunsch, nach einem gesellschaftliches Leben, wie die meisten Menschen es hierzulande führen, ist mir fremd geworden. Die vermeintlichen Vorzüge eines gesellschaftlichen Lebens bedeuten mir kaum mehr etwas. Der Kontakt zur Natur, zu meiner „Wilden Seele“ jedoch ist mir heilig geworden. Ich hoffe es wird mir gelingen ein bisschen etwas vor ihr in diese andere , mir so fremd gewordene Welt hinein zu tragen.
“ Wenn man ihm seine volle Aufmerksamkeit schenkt, wird selbst ein Grashalm zu einer geheimnisvollen, unglaublichen, unbeschreiblich wunderbaren Welt“
-Henry Miller –
„In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt“
-Albert Camus-
Der Winter hat in den vergangenen Tagen die Welt hier bei uns im Tal nochmals in tiefes Schweigen gehüllt. Das Leben mit Kälte, Eis und Schnee bedeckt.
Symbolisch steht der Winter für den Tod. Doch ebenso wie das Leben den Tod beinhaltet, so beinhaltet der Tod das Leben.
Der Winter ist eine Notwendigkeit um auf das Erwachen des Frühlings, auf neues Leben vorzubereiten. In der Natur ebenso wie in unseren Herzen.
Ich wünsche uns allen Vertrauen, so viel Vertrauen wie nur irgend möglich in die niemals endenden Zyklen des Lebens. Vertrauen in uns selbst, in das tiefe Wissen unserer Seele, dass auf jeden Winter unabdingbar auch wieder ein Frühling folgen wird….
Kann das….so lange Verdrängte, das aus unserem Bewusstsein Vertriebene, noch gerettet, in`s volle Leben zurückgerufen werden? Die Antwort ist ja, kategorisch ja.
-Clarissa Pinkola Estes –
jungianische Psychoanayltikerin und Cantadora, Bewahrerin der alten Geschichten
Eigentlich wollte ich ja, in Anlehnung zu meinem letzten Beitrag , noch etwas zum Thema Frieden sagen. Doch je länger ich nachdenke, desto schwieriger wird es meine Gedanken zum Thema zusammen zu fassen, auf den Punkt zu bringen, weshalb an dieser Stelle nur noch Folgendes gesagt werden soll.
Ich bin der tiefen Überzeugung, dass der Mensch auf dem Grunde seiner Seele gut ist, genau so wie er eben ist. Ebenso tief überzeugt bin ich jedoch auch, dass die Gesellschaft in der wir leben in eine ordentliche Schieflage geraten ist, eine Schieflage die mitunter durch unsere eigene (kriegerische) Geschichte entstanden ist.
Wir bewegen uns in einem System, welches seinem Ursprung nach in den tiefen Traumata unserer Eltern und Großeltern begründet liegt. Traumata, ausgelöst durch einen Krieg, der in seiner Erscheinungsform grausamer kaum hätte sein können und welcher tiefe Narben in den Seelen derjenigen hinterlassen hat, welche ihn, in welcher Form auch immer, miterleben mussten.
Ich denke, dass wir, falls wir echte und nachhaltige Veränderungen wünschen, den Mut aufbringen müssen, uns dieser Realität zu stellen. Wir brauchen Menschen, welche die Mühe auf sich nehmen die entsprechenden Ausgrabungsarbeiten vorzunehmen, sich der eigenen Wut, dem eigenen Schmerz zu stellen. Menschen, die bereit sind ihre Geschichten zu erzählen, damit sie andere berühren, sie ermutigen sich selbst auf den Weg zu machen die alten Wunden zu heilen.
Um nachhaltigen Frieden erreichen zu können müssen wir die seelischen Verletzungen unserer Vorfahren verstehen lernen, sie emotional begreifen. Wir müssen den eigenen Schmerz begraben, uns gemeinsam auf den Weg machen mit Ihnen zu trauern, um die vielen Verluste, die der Krieg auch in unserem Land hervorgebracht hat. Wir müssen trauern, jeder für sich alleine und im Kollektiv. Damit endlich heilen kann, was der Krieg an Verwüstung in den Seelen derjenigen hinterlassen hat, die ihn erlebt haben. Damit wir endlich damit aufhören können, diese Verletzungen ungewollt von Generation zu Generation weiterzutragen.
Vielleicht wird dann endlich verstanden, dass die Leere in den Herzen nicht durch den Überfluss an ständig verfügbaren Gütern gefüllt werden kann. Dass der seelische Hunger, der in unserer Gesellschaft eine solch weite Verbreitung findet, nicht gestillt werden kann durch eine stetig wachsende Haltung von „Größer, Schneller, Weiter“. Vielleicht wird es uns dann endlich möglich sein das Wohl aller Menschen ins Zentrum unserer Bemühungen zurück zu holen.
Vielleicht gelingt es uns dann den Frieden in uns selbst zu finden, den wir benötigen, um den Frieden den wir uns alle so sehnlichst wünschen hinaus in die Welt tragen zu können.
EPILOG:
Wer hier schon eine Weile mitliest, der weiß… das Leben hat mir eine ganz schöne Breitseite verpasst, mich regelrecht „aufgebrochen“. Bewusst sage ich nicht „zerbrochen“ denn genau genommen war eben diese Geschichte, die so unheilvoll anmutet, die ich mir niemals aus freien Stücken ausgesucht hätte, die wohl größte Chance meines Lebens.
Gerade die unheilvollen Zeiten im Leben haben mir dazu verholfen, mich auf den Weg zu machen, mich auszusöhnen, Frieden zu schließen mit meiner Lebensgeschichte, mit meinen Eltern und damit mit mir selbst.
Ich habe verstanden, verziehen gerade noch rechtzeitig, um meinen Vater in tiefer Liebe und Dankbarkeit gehen lassen zu können. In vollem Bewusstsein wer er war. Und ich hoffe darauf, dass mir noch viel Zeit verbleibt, bis ich meine Mutter in ebenso tiefer Liebe und Dankbarkeit werde gehen lassen müssen.
Nachhaltiger Frieden beginnt im ganz Kleinen, in unseren Familien, im eigenen Herzen.
„Der Planet braucht keine erfolgreichen Menschen mehr. Der Planet braucht dringend Friedensstifter, Heiler, Erneuerer, Geschichtenerzähler und Liebende aller Art“
– Dalai Lama –
Mein Beitrag für „Ukulele for Peace“ auf
http://blogideenlese.wordpress.com
Vielen Dank, liebe Christine , für die schöne Aktion, an der ich gerne teilnehme.
In diesem Sinne, euch allen, ein schönes und friedvolles Wochenende
Eure Daniela
„Wir Menschen sind soziale Wesen, in unserem Dasein aufeinander angewiesen. Hilfe zu leisten kann sehr schwierig sein, Hilfe anzunehmen ebenso. Wenn wir beides gelernt haben sind wir inmitten unserer Abhängigkeit frei“
-Gedanke des Tages-
Eigentlich wollte ich ja nicht mehr über meine Erkrankung schreiben, einfach weil ich kaum mehr das Bedürfnis dazu habe und weil ich meine Zeit lieber damit verbringe zu leben, als den Dingen, die ich ohnehin nicht ändern kann, noch mehr Raum zu geben als sie von Natur aus schon einnehmen.
Aber nun schreibe ich eben doch, aus gegebenem Anlass. Eben weil ich mit meiner Erkrankung lebe und weil es deshalb eben doch auch immer wieder Erlebnisse gibt, die mich bewegen, mich berühren und von denen ich glaube, dass sie es wert sind, sie mit anderen zu teilen.
Vor ein paar Tagen habe ich von meinem Augenarzt eine Überweisung an die Uniklinik erhalten. Für sich genommen ist dies noch keine Besonderheit, denn für „besondere“ Erkrankungen bedarf es eben hin und wieder auch eines besonderen Fachwissens und den entsprechenden Untersuchungen.
Nun gut, nach reiflicher Überlegung habe ich mich also dazu entschlossen diesen Termin an der selben Uniklinik wahrzunehmen, an der mein Neurologe angebunden ist. Weil dies der Möglichkeit einer interdisziplinären Vernetzung am nächsten kommt und zudem dem Umstand trotzt, dass ich an eben dieser Augenklinik bereits sehr ungute Erfahrungen gemacht habe.
Was damals genau passiert ist, das spielt an dieser Stelle kaum mehr eine Rolle. Gesagt sei lediglich, dass die Erfahrung, die ich damals mit dem behandelnden Arzt gemacht habe, alles andere als schön war und mich, gelinde gesagt, in schwere seelische Turbulenzen geworfen hat, von denen ich mich lange nicht erholt habe.
Aus gutem Grund habe ich mir deshalb, bevor ich den Termin nun vereinbart habe, die Zeit genommen nochmals dorthin zu spüren. Zu überprüfen, ob ich mich einer Begegnung mit diesem Arzt nochmals aussetzen möchte, ob ich mich dieser Situation gewachsen fühle.
Ich habe mir vorgestellt wie ein erneutes Zusammentreffen aussehen könnte, wie es sich anfühlen würde diesem Menschen nochmals zu begegnen. Da war nichts mehr von der Verzweiflung und der ohnmächtigen Wut von damals zu spüren, kein Bedürfnis nach „Rache“ und vor allen Dingen war da eines nicht mehr: Diese Angst, die mich für eine so lange Zeit begleitet hat als Patientin nicht ernst genommen zu werden.
Nur noch ruhige Gewissheit war da in meinem Inneren zu spüren. Die sichere Gewissheit, dass es eine solche Situation nicht mehr geben wird. Dass dieser Termin sachlich und ohne gefühlsmäßige Eskalationen von statten gehen wird. Stressfrei, nicht in der Erwartung eines anderen Verhaltens von Seiten des Arztes, vielmehr weil ich mir der Stabilität meiner eigenen inneren Grenzen bewusst bin, weil ich mich ausreichend bei mir selbst fühle, um in jedem Fall die notwendige Augenhöhe, den notwendigen Respekt für mich als Menschen herzustellen.
Auf diesem Hintergrund und entsprechend gewappnet, habe ich mich also dran gemacht einen Termin zu vereinbaren und in diesem Zusammenhang erfahren, dass dieser Arzt, der so tiefe Spuren in meinem Gedächtnis hinterlassen hat, im vergangenen Jahr verstorben ist. Viel zu früh, an einer schweren Erkrankung.
Noch immer macht es mich betroffen, wenn ich daran denke. Wie mag es diesem Menschen wohl ergangen sein? War sein damaliges Verhalten seiner Überlastung geschuldet? War es seine eigene Erkrankung, seine eigenen Verzweiflung, die es ihm in diesem Moment unmöglich gemacht haben, sich in sein Gegenüber einzufühlen, sich auf mich als Menschen einzulassen? Ich weiß es nicht und werde es wohl auch niemals mehr erfahren. Leider!!!
Epilog:
Ich habe den Menschen, hinter dem Arzt der mich damals untersucht hat, nicht gekannt. Ich weiß nichts über ihn, seine Lebensgeschichte, darüber was ihn bewegt hat. Woran ich jedoch wieder einmal erinnert wurde ist, dass hinter all den Rollen, die wir tagtäglich einnehmen, wir immer auch als Menschen stehen. Als Menschen, die sich nach einem glücklichen, möglichst leidfreien sehnen. Die Freud und Leid erleben, den Wogen des Lebens zu trotzen haben. Und gleichgültig in welcher gesellschaftlichen Position wir uns befinden, welchen kulturellen Hintergrund wir haben oder was uns in unserer Lebensgeschichte geprägt hat, mal gelingt es uns besser und mal schlechter mit den Anforderungen des Lebens fertig zu werden. Mögen wir im Äußeren auch noch so verschieden sein, in unserem Inneren, den tieferen Schichten unseres Seins sind wir uns schlussendlich ähnlicher als wir es für gewöhnlich für möglich halten. Und am Ende, ganz am Schluss, da sind wir alle gleich. Daran sollten wir versuchen zu denken, wann immer wir wütend, verletzt oder vom anderen enttäuscht sind. Für ein gutes Miteinander, für uns selbst, für den Frieden…..
„Die einzige Art zu leben besteht darin, jede Minute als unwiederbringbares Wunder zu erleben„
-Tara Brach –
„Nicht der Tod ist das Problem. Das Problem ist, dass wir ihn verdrängen, ihn an den Rand unserer Gesellschaft verbannt und den Respekt vor ihm verloren haben. Dass wir größenwahnsinnig genug sind, um zu glauben, wir könnten dem Schmerz den er mit sich bringt ausweichen, ihn vollständig aus unserem Leben verbannen“
–Gedanke des Tages-
Heute hatten wir wieder einmal einen seltenen Besucher im Garten. Ein Sperber war hier und hat seinem Wesen nach einen „meiner Kleinen“ erbeutet.
Noch immer schmerzt es mich, wenn ihm einer meiner Vögelchen zum Opfer fällt, aber in der Zwischenzeit kann ich es besser ertragen.
Der Tod gehört zum Leben. Und nicht nur das, er erfüllt – seinen leidvollen Aspekten zum Trotz – einen wichtigen Sinn und unterstützt das Leben in seiner Gesamtheit.
Greifvögel töten nicht unnötig, nehmen sich nur das was sie zum Leben brauchen. Sie töten schnell, ohne ihren Opfern unnötige Qualen zuzufügen. In ihrem ganzen Verhalten liegt daher nichts Anstößiges, ihr ganzes Dasein drückt Respekt vor dem Leben und damit Würde aus.
Und dennoch erscheint es mir wichtig, dass wir hin spüren, dass wir trotz aller Akzeptanz des Todes als unvermeidbarer Teil des Lebens, ein klein wenig vom Schmerz des kleinen Vögelchens in uns selbst spüren.
Vielleicht gelingt es uns dann, uns daran zu erinnern was wir tatsächlich zum Leben brauchen. Vielleicht gelingt es uns dann, unsere Würde zurück zu erlangen.
Epilog:
Der Sperber zählt (noch) nicht zu den gefährdeten Tierarten, dennoch steht er wie alle Greifvögel hierzulande unter besonderem Schutz und darf weder gejagt noch getötet werden. Durch die Unvernunft des Menschen und durch dessen Eingreifen in die Natur wurde er jedoch bereits aus seinem natürlichen Lebensraum verdrängt.
Um Überleben zu können, um seinen Auftrag, das natürliche Gleichgewicht der Arten zu erhalten, erfüllen zu können sucht er sich deshalb seine Beute in der Zwischenzeit oftmals in heimischen Gärten. Der Bestand der Singvögel wird dadurch jedoch nicht gefährdet, da diese sich sehr schnell auf dessen Anwesenheit einstellen und ihr Verhalten entsprechend ausrichten.
Aufgrund dessen taucht der Sperber auch nur selten mehrfach hintereinander am selben Ort auf. Vielmehr verfügt er in der Regel über ein weites Jagdrevier, so dass er abwechselnd verschiedene Plätze zur Jagd nutzen kann. Ja, die Natur weiß was sie tut, sie betreibt keinen Raubbau. Ich sag`s ja immer, wir können viel von ihr lernen!!!!
„In der Tiefe unserer Existenz sind wir allein. Diese Erkenntnis hat mich von vielem befreit. Hat mich frei und gerade deshalb bereit dafür gemacht, mein Leben in Liebe mit anderen zu teilen“
-Gedanke des Tages-
Das Neue Jahr hat begonnen und damit auch der Sprung in`s Ungewisse. Zum 1. April nun, werden wir also umziehen. Nachdem wir viele Hürden genommen und viele Abstriche von unseren ursprünglichen Plänen gemacht haben, hat vor wenigen Tagen nun der Umbau des Dachgeschosses meines Elternhaus begonnen.
Wir werden deutlich weniger Wohnraum haben wie bisher und so habe ich den bevorstehenden Umzug zum Anlass genommen auszusortieren, zu entsorgen was nicht mehr benötigt wird. Im Äußeren ebenso wie in meinem Inneren.
All die Dinge, die ich dabei in die Hand genommen habe, gaben Anlass, die vergangenen 22 Jahre seit Beginn meiner Erkrankung und seit ich meine Heimatsstadt verlassen habe, nochmals anzusehen. Alles Scheitern und alle Erfolge, alles Schmerzliche und alles Erfreuliche nochmals Revue passieren zu lassen, zu entscheiden was losgelassen werden muss und was bleiben darf.
An vielen Stellen war es nochmals schmerzlich, da hatte ich das Gefühl, als habe meine Erkrankung wirklich nichts mehr übrig gelassen. Als habe sie ALLES zum Scheitern gebracht, all meine Pläne zerstört, mich all meiner Perspektiven beraubt und an so manchen Tagen hat es sich so angefühlt, als sei ICH gescheitert, also so gänzlich, am Leben und überhaupt.
Und ja, leugnen lässt es sich nicht. Es war schon wirklich gute Arbeit, die meine Erkrankung da geleistet hat. Denn gefallen bin ich tatsächlich oft. Immer und immer wieder, über die eigenen Beine gestolpert. Gescheitert an meinen Plänen und Zielen, an vielen Projekten die ich begonnen, aber nicht zu Ende führen konnte. An vielen großen und kleinen Dingen. Vor allem jedoch an meinen Vorstellungen, davon wie mein Leben denn hätte sein sollen.
Aber nun, nachdem alles nochmals sorgfältig angeschaut, ausgesiebt und sortiert wurde, weiß ich es gewiss. Am Leben gescheitert, das bin ich nicht. Definitiv nicht, so mein Resümee….
Im Gegenteil. Ich konnte mich von so vielem befreien. Der Weg nach Außen wurde abgeschnitten und dadurch die Tür nach innen geöffnet. Und blicke ich heute zurück, dann fühle ich mich ausgesöhnt, weiß mehr denn je, dass es gerade die Dinge waren an denen ich gescheitert bin, die es mir letztlich ermöglicht haben Stück für Stück Ballast abzuwerfen, meine Altlasten loszuwerden.
So hat sich der Kreis nun also wieder geschlossen und ich werde deutlich leichter, mit wesentlich weniger Ballast an Bord, in den heimatlichen Hafen zurückkehren.
Ohne großartige Pläne, dafür aber mit umso mehr Offenheit werde ich nun also in das Neue Jahr und damit in den neuen Lebensabschnitt starten…Und ja, bei aller Ungewissheit was mich da erwartet, ich freue mich darauf!!!!!
Epilog:
Der Umzug in die Stadt wird eine Herausforderung für mich werden. Bedingt durch meine Erkrankung , die Pandemie und die Abgeschiedenheit meines Wohnortes bin ich in den vergangenen 4 Jahren kaum noch Menschen begegnet. Ein soziales Leben im eigentlichen Sinne gab es so gut wie nicht mehr. Viel mitnehmen werde ich nicht. Vieles meiner materiellen Güter, aber auch das Schmerzvolle meiner Lebens- und Krankengeschichte werde ich hier im Tal lassen, die Trauer um das was man ein „normales“ Leben nennen könnte, habe ich der Natur übergeben. Mitnehmen werde ich nur noch die Trauer um meinen Vater, denn ich hätte mir so sehr gewünscht, dass er den Umzug noch miterleben kann, uns noch gemeinsame Zeit als ganze Familie verbleibt. In erster Linie jedoch werde ich die Liebe zur Natur, die Liebe zu mir selbst und ganz viel Bereitschaft , das Leben in all seinen Facetten zu umarmen, mit zurück an den See nehmen.
„Als ich die Dinge losließ, die mich am Boden hielten, meinen Stolz und meine Hochmut, meine Eitelkeit und Traurigkeit…..erst als ich so tief viel, habe ich erkannt, dass ich Fliegen konnte.“
– Mark Barnes -Echos der Vergangenheit –
Abendstimmung am Bodensee….. Nur fliegen kann schöner sein….😉