Impulse für ein natürliches Leben
„Licht und Schatten, Sommer und Winter, Freud und Leid, Leben und Sterben….oder eben der ganz normale Wahnsinn des menschlichen Daseins. Je mehr es mir gelingt all dies zu akzeptieren, die Wiedersprüche anzunehmen, in mir selbst, in der Natur, in anderen ….. desto besser geht es mir….“
Donnerstag der 10. Dezember 2020
Mein liebes Tagebuch,
nun ist irgendwie schon eine ganze Zeit vergangen seit ich das letzte Mal etwas vom Kampf an der medizinische Front berichtet habe, was wohl am ehesten damit zu erklären ist, dass ich es irgendwie müde bin mein Leid zu klagen. Das Leben, in seiner gesamten Schönheit, erscheint mir einfach viel zu kostbar, um auch nur eine Sekunde mehr an diese schwierige Situation zu verschenken, als unbedingt notwendig….
Nichts desto Trotz bin ich nun einmal krank und will ich mir mein Leben erhalten, so bleibt mir wohl nichts anderes übrig als mich hin und wieder in den ganz normalen Wahnsinn eines vollkommen fragmentierten Gesundheitssystems zu stürzen.
Nun denn, einfach geht definitiv nach wie vor anders. Aber, die Hauptsache ….es geht!!!!!! Wieder einmal habe ich es geschafft alle Weichen zu stellen und darf mich erstmal zurück lehnen und mich in die Situation hinein entspannen
Mein Rheumatologe hat sich auf meine Anfrage hin gemeldet und mir mitgeteilt, dass er eine Covid 19 Impfung unbedingt empfiehlt, trotz der Behandlung mit Rituximab. Zeitpunkt: ca .4 Wochen vor der nächsten Infusion, da zu dieser Zeit am ehesten eine Impfantwort zu erwarten ist und der Körper zumindest ein paar wenige Antiköper bilden kann, die jedoch (so weiß man von anderen Impfungen) in der Regel klinisch wirksam sind… Uff, das ist ja schon mal was !!!!!
Offen bleibt allerdings, wie es sich organisieren lässt , dass ich quasi zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin. Aber mein Rheumatologe macht mir diesbezüglich Mut und erklärt , dass sich (wenn es denn so weit ist) , bei aller Unsicherheit die derzeit noch besteht, sicherlich entsprechende Wege finden lassen werden, damit ich die Impfung zum richtigen Zeitpunkt bekommen kann.
Was das Lymphom anbelangt teilt er meine Ansicht, dass geklärt werden sollte was sich nun genau dahinter verbirgt, er empfiehlt ein großes Zentrum, da er die niedergelassenen Onkologen mit einem so komplexen Krankheitsbild eher überfordert sieht…Und ein Schmerzmittel für mein böses Bein verordnet er mir auch noch, und zwar ohne mit der Wimper zu zucken…
Wow, kein Kampf, kein beweisen müssen…. einfach nur das Gefühl, dass meine Fragen, so weit das eben möglich ist, beantwortet werden … das Gefühl, dass man mich ernst nimmt…..Erschreckend finde ich allerdings, wie sehr mich das noch immer umhaut….. ich bin es einfach nicht gewohnt und die Angst erneut fallen gelassen zu werden sitzt tief, so tief. Noch kann ich das nicht ändern…..
Soweit also nun mein Date mit der Rheumatologie, weiter geht´s mit der Neurologie. Auch hier ist man der Ansicht, dass das Lymphom weiter abgeklärt werden muss, da nach Ausschluss einer entzündlichen ZNS-Beteiligung der Verdacht näher rückt, dass die Beschwerden auf eine Paraneoplasie zurück zuführen sind und dringlich ausgeschlossen werden sollte, dass nicht irgendwo ein Tumor schlummert, der den Calzium-Wert in die Höhe treibt. Ich soll unbedingt auf ein PET-CT bestehen, keinerlei Misstrauen mir gegenüber. Lediglich Unverständnis dahingehend, dass dies nicht schon längst passiert ist
Kein Kampf , kein mich Erklären müssen… der einzige Kampf der stattfindet ist der Kampf mit mir selbst, der Kampf um meine Souveränität in dieser ganzen Situation, der Kampf gegen die Angst vor dem Allein gelassen werden, vor dem Sterben. Hervorgerufen durch eine vielleicht nicht vollständig geglückte Gesprächsführung….. aber unterm Strich auch hier. Es hat geklappt, das zählt……
Dann weiter zum Telefonat mit dem Hausarzt. D. h. nochmals alle medizinischen Daten und Fakten durchhecheln, aber auch hier mit gutem Ergebnis. Denn, dem Himmel sei Dank!!!!! Er nimmt die Zügel in die Hand und wird so lange alle Onkologen abklappern bis er jemanden gefunden hat, der sich meiner annimmt und sich ernsthaft um Klärung der ganzen Angelegenheit bemüht.
Mittags kommt dann noch der Anruf der Praxis zwecks Terminvereinbarung zur Blutentnahme und dann habe ich es (vorerst) geschafft…. die Weichen sind wieder einmal gestellt, ich darf mich entspannen…
Im Moment bin ich müde und erschöpft ….und Morgen ? Morgen ist ein neuer Tag und ich freue mich schon jetzt darauf alle Zeit der Welt zu haben, um den Winter der hier Einzug gehalten hat mit jeder Faser meines Seins zu genießen…
Weiß Gott, das Leben ist anstrengend, aber schön…..und wenn irgendwie möglich würde ich es mir gerne noch ein Weilchen erhalten…..