Glück

„Es gibt keinen Weg zum Glücklich sein, Glücklich sein ist der Weg“

-der Buddha-

Das Leben in einem Mehrgenerationenhaushalt ist nicht immer einfach. Auf engem Raum, mit zwei Personen, die unter einer seltenen Erkrankung leiden, zwei Hunden, von denen einer alt und krank ist, und einer Mutter, die den Ballast ihrer frühen Tage noch immer auf ihren Schultern trägt, ist der Alltag wahrlich eine große Herausforderung.

Und weiß Gott, ich müsste lügen, würde ich behaupten, mein Leben liefe immer reibungslos und ohne größere Erschütterungen ab. Das tut es nämlich nicht und im vergangenen Sommer habe ich mich nicht nur einmal zurück in mein altes Leben gewünscht.

Ja, und noch immer gibt es Tage, an denen ich mich zurück in die Ruhe und die Abgeschiedenheit meiner Wälder und Wiesen sehne. Und manchmal sogar noch weiter zurück, in mein fast gar schon spießiges Leben im großzügigen Einfamilienhaus, in mein Berufsleben mit gesichertem, üppigen Einkommen. In die Illusion eines Lebens, welches maximale Sicherheit verspricht.

An den meisten Tagen jedoch spüre ich die Freiheit, zu welcher mir der „freie Fall“ in die absolute Perspektivlosigkeit verholfen hat.

Heute gleicht mein Leben zumeist einem Chaos, einer täglichen Improvisation. Und nicht immer, aber doch sehr oft kann ich spüren, dass ich die Freiheit, mich auf die Wechselfälle des Lebens einlassen zu können, nicht mehr eintauschen möchte, gegen das Gefängnis größtmöglicher Sicherheit.

Heute bin ich dankbar dafür, dass ich mich selbst in Zeiten, in denen sich das Universum für mich und meine Familie scheinbar wieder einmal um die eigene Achse dreht noch immer zutiefst lebendig fühle. Ich freue mich, dass es mir selbst im größten Chaos noch immer gelingt, Momente zu erleben in denen ich die wärmende Sonne und den Wind auf meiner Haust spüre. Dass ich das Rauschen der Blätter und den Gesang der Vögel hören kann, dass ich Freude, Leichtigkeit, Kummer und Schmerz in einer Intensität spüren kann, von der ich früher noch nicht einmal geahnt habe, dass es eine solche gibt.

Nein, tatsächlich. Auch wenn vieles von dem was ich bisher erleben durfte schön war, ich möchte nicht zurück in mein altes Leben. Ich bin dankbar für das „Hier und Jetzt“, für jeden Moment, den mir das Leben schenkt, indem es mir gelingt voll und ganz im gegenwärtigen Augenblick zu sein…. ja, zutiefst lebendig zu sein…

Epilog:

Der Sommer war ereignisreich. Wieder einmal so ereignisreich, dass es kaum eine Gelegenheit gab alles in Wort und Bild zu fassen. Notizen habe ich viele gemacht, auf die Schnelle, in mein Handy getippt. Und vielleicht….vielleicht werde ich die ganze Geschichte der vergangenen 24 Jahre irgendwann einmal in Worte fassen. Bücher ließen sich jedenfalls in Serie damit füllen.

Für den Moment aber möchte ich nur festhalten, dass nach 24 Jahren, nun endlich die exakte Diagnose steht und die richtige Behandlung in die Wege geleitet wurde.

Die Diagnose lautet nun wie folgt:

Primäres Sjögren Syndrom mit Lungenbeteiligung, Nierenbeteiligung (distal renal tubuläre Azidose) und sekundärem Hyperparathyreodismus, Marginalzonenlymphom.

Behandelt werde ich mit Rituximab, welches aus der Krebstherapie stammt und als „Off-Lable-Medikament“ den schweren Verläufen des Sjögren-Syndroms vorbehalten bleibt. Meine renal tubuläre Azidose wird seit kurzem mit Sibnayal behandelt, dem ersten Medikament, welches für dieses Form der Nierenbeteiligung entwickelt wurde. Als Orphan-Drug (Medikament für seltene Erkrankungen) steht es erst seit 2023 zur Verfügung und ist, obwohl bereits eine EU- Zulassung vorhanden ist, bislang ausschließlich über den Vertrieb des Herstellers zu erhalten.

Nun gilt es nur noch eine weitere Hürde zu nehmen. Für meine Tochter, die ebenfalls erkrankt ist, die im Raum stehende Diagnose zu sichern und die richtige Therapie zu erhalten. Aber ich bin zuversichtlich, denn aufgrund meiner Vorgeschichte wird ihr ein ähnlich langer Leidensweg sicherlich erspart bleiben. Und vor allen Dingen, und das ist das Allerwichtigste, weiß sie schon heute, wofür ich so lange gebraucht habe, um es zu verstehen:

„Es gibt keinen Weg zum Glücklich sein, Glücklich sein ist der Weg“

Einer von vielen glücklichen Momenten inmitten des Chaos, welches sich da Leben nennt: Die Rückkehr der großen Brachvögel am Bodensee. 😊😊😊

16 Comments on “Glück

  1. Liebe Daniela,

    schön, wiedermal von dir zu lesen! Ich wünsche dir sehr, dass die endlich gefundenen richtigen Therapien dir das Leben erleichtern.

    Wie immer bewundere ich dein Talent dafür, als Sysiphos (denn so kommt mir dein Leben manchmal vor) positiv in die Welt zu schauen.

    Alles Gute für dich und deine Familie!

    Stefan

    Gefällt 1 Person

    • Lieber Stefan,
      ich freue mich ebenso wieder mal von Dir zu lesen. Ja, die Therapie erleichtert das Leben sehr. Sie macht nicht gesund aber verschafft sehr viel mehr Lebensqualität. Was Deinen Vergleich anbelangt, da magst Du wohl Recht haben. Aber gleicht nicht unser aller Leben irgendwie dem Leben eines Sysiphos? Wenn wir mit offenen Augen durch die Welt gehen, dann kommen wir ja gar nicht umhin die Absurdität unseres Dasein zu erkennen. Wohl dem der eine Antwortet darauf zu geben weiß!!! Der darf sich dann wohl glücklich schätzen 😊.Ich wünsche auch Dir von Herzen alles Liebe
      Bis bald, Daniela 😊🙋‍♀️

      Like

      • Liebe Daniela,

        Du schreibst „Wohl dem, der eine Antwort darauf zu geben weiß!!! Der darf sich dann wohl glücklich schätzen.“

        Vielleicht liegt das Glück sogar eher darin, die Absurdität des Lebens anzunehmen und das Bedürfnis nach einer Antwort darauf loszulassen…

        Like

  2. Schön, dass es endlich geschafft ist und du nicht mehr mit den Ärzten kämpfen musst, Daniela. Für deine Tochter hast du dadurch den Weg geebnet und sie wird dadurch mehr Lebensqualität haben. Ändern kann man es eh nicht, aber annehmen und seinen Frieden damit finden.
    Schön, dass du hier mal wieder vorbei geschaut hast.
    Liebe Grüße zu dir,
    Nati

    Gefällt 1 Person

    • Liebe Nati,
      ich freu mich auch sehr wieder mal von Dir zu lesen. Ihr alle habt mir so lange durch turbulente Zeiten geholfen. Ja, es ist ein Geschenk nicht mehr um Diagnose und Therapie kämpfen zu müssen. Ganz in Frieden werde ich aber erst sein, wenn bei meiner Tochter Diagnose und Therapie gesichert ist. Aber wie gesagt, ich bin sehr zuversichtlich dass das klappt.
      Ich schicke ganz liebe Grüße zurück zu dir,
      Daniela 😘😊🙋‍♀️

      Gefällt 1 Person

    • Dankeschön, lieber Reiner. Ja, nach so langer Zeit Klarheit zu haben ist ein echtes Geschenk und tatsächlich habe ich meinen Frieden mit dieser wahnsinnigen Geschichte gemacht. Ganz zufrieden werde ich jedoch erst sein, wenn auch bei meiner Tochter alles in trockenen Tüchern ist.
      Ganz liebe Grüße schicke ich Dir
      Daniela 😊🙋‍♀️😘

      Gefällt 1 Person

  3. Liebe Daniela, eine exakte Diagnose ist so wichtig, zumal dies nun auch deiner Tochter zugute kommt. Ich wünsche dir, dass dir die Therapie einen großen Teil deiner Lebensqualität zurückgibt.
    Liebe Grüße, Susanne

    Gefällt 1 Person

    • Ich Danke Dir, liebe Susanne. Das tut sie schon jetzt, wobei es sicherlich noch ein Stück Weg ist bis mein Körper etwas zur Ruhe kommt nach dieser ganzen Geschichte. Ja, exakte Diagnosen sind extrem wichtig, weil nur so eine exakte Behandlung möglich ist. Leider sind die Wege bis dahin für ganz viele Patienten mit seltenen Erkrankungen noch immer viel zu weit. Aus vielerlei Gründen, die sich auch nicht so ohne weiteres beheben lassen werden. Dennoch ist jeder Schritt in Richtung Verbesserung wichtig. Ich wünsche dir einen wunderschönen Tag und auch für Dich so viel Lebensqualität wie nur irgendwie möglich.
      Ganz liebe Grüße
      Daniela 😘😊🙋‍♀️💞

      Gefällt 1 Person

      • So lange auf eine Diagnose warten zu müssen, hinterlässt auch Spuren. Meine Fibromyalgie wird teilweise heute noch von einigen Ärzten nicht wirklich ernstgenommen. Bis ich die Diagnose hörte, auch wenn ich es schon ahnte, vergingen auch um die 20 Jahre.

        Bei einem Termin bei einer Neurologin letztes Jahr habe ich wieder gemerkt, wie einen manche in eine bestimmte Schublade stecken möchten. Der Befund war negativ, und ich konnte es ihr an der Stirn ablesen, dass sie dachte „War ja klar.“ Nun mehren sich die Probleme und ich kann zur Diagnostik erstmal den Neurologen umgehen und gleich in ein Funktionslabor dafür gehen. Überweisung Hausarzt reicht hier zum Glück. Wenn sich die Diagnose bestätigen sollte, werde ich entscheiden, was ich dann mache. Von Ärzten habe ich eigentlich die Nase voll, von einigen zumindest.
        Ich wünsche dir auch einen schönen, hoffentlich sonnigen Sonntag. Liebe Grüße, Susanne ❤️

        Gefällt 1 Person

      • Ja, liebe Susanne. Es hinterlässt Spuren, 20 Jahre Unsicherheit können gar nicht spurlos an einem vorbeigehen 😔… und die fehlende Offenheit, dieses „in eine Schublade gesteckt zu werden „ ist nach wie vor ein Problem das viele von uns betrifft. Ganz oft verbirgt sich Unsicherheit und Hilflosigkeit dahinter, was es leider für die Betroffenen nicht besser macht. Ja, wenn man mitten drin steckt, dann werden Arztbesuche oftmals zur absoluten Katastrophe und es wäre weiß Gott wünschenswert, wenn sich hier etwas verändern würde. Leider wird Veränderung an dieser Stelle immer ein Tropfen auf dem heißen Stein bleiben, weil die ungelösten Probleme, die dahinter stehen, so vielschichtig sind dass sie nicht von jetzt auf nachher gelöst werden können. Wichtig erscheint mir deshalb heute mehr denn je, dass man Wege findet um mit der Situation, wie sie sich gestaltet, zurecht zu kommen. Ich melde mich noch per WhatsApp und schicke dir erstmal ganz liebe Grüße, Daniela 😘😊🙋‍♀️💞

        Gefällt 1 Person

      • Ich probiere gerade das „Schmerz-Verlern-Programm“ von Alan Gordon aus, lese dazu sein Buch „Wege aus dem Schmerz“. Da ich erst beim ersten Punkt bin, kann ich noch nicht viel dazu sagen. Aber es ist ein interessanter Ansatz und ich gehe neutral an die Sache ran. Unser Gehirn ist ein spannendes Organ, das nicht zu unterschätzen ist.
        Liebe Herbstgrüße 🌞🍁🍂

        Gefällt 1 Person

      • Hab davon noch nie gehört, aber es hört sich spannend an… Ja, das Gehirn ist spannend. Ich hab ganz viel über Meditation gemacht. Da gibt’s ja mittlerweile auch Nachweise dafür, dass sich in der Meditation Gehirnströme ändern, was in der Schmerztherapie eingesetzt wird. Bekannter Vertreter: Jon- Kabat- Zinn

        Gefällt 1 Person

      • Es ist einen Versuch wert. Eine Leidensgenossin hat es mir empfohlen. Mal sehen, ob ich etwas Gutes daraus ziehen kann.

        Like

  4. Möge das Mittel mehr helfen als Nebenwirkungen haben! Das ist ja nicht immer selbstverständlich.

    Die Zitate sind hier im Blog sind sehr fein gewählt, mag ich! Und ebenso die schönen Bilder!!

    Beste Grüße,

    Syntaxia (mit Fotoblog und „Schreibblog“ weBLOGia)

    Gefällt 1 Person

    • Dankeschön für die guten Wünsche und das schöne Feedback. Ja, keine Wirkung ohne Nebenwirkungen. Das lässt sich leider oftmals nicht vermeiden. Aber es gibt einfach Erkrankungen da hat man gar keine andere Wahl, meine gehört dazu und ich bin froh und dankbar dass es entsprechende Medikamente gibt… auch wenn sie nicht gesund machen, ich darf leben und ich lebe unglaublich gerne 😊
      Liebe Grüße, Daniela 😊🙋‍♀️

      Like

Hinterlasse eine Antwort zu Nati Antwort abbrechen