Mohnblüten…

sind gut für die Seele.  Wer mich kennt der weiß, dass ich sie liebe. So satt und kräftig in der Farbgebung, so zart und filigran ihre Blüten, Nahrung spendend für alles was summt und brummt, irgendwie sinnbildlich für das Leben als solches.

Ja, ich nehme das Leben wieder wahr , genieße es wann immer es sich mir anbietet, bin sehr oft einfach mit mir selbst zusammen, bin glücklich und zufrieden damit.

Meine Leistungsfähigkeit ist gestiegen, ich kann tagsüber wieder auf den Beinen bleiben und  das Schönste, Unglaublichste: “ Ich kann nachts wieder schlafen“

Und dennoch, von einem Leben wie es ein gesunder Mensch führt, bin ich weit entfernt. Noch immer erlebe ich Zustände, die mich von jetzt auf nachher vom Leben abschneiden. In solchen Zuständen bin ich derartig unkonzentriert, sehe so schlecht,  bin so zittrig, dass ich weder lesen , schreiben, geschweige denn mich mit jemanden unterhalten kann. Was man mir sagt kann ich nicht aufnehmen, mir nicht merken. Meine eigenen Gedanken bekomme ich nicht zu fassen, sie sind irgendwie flüchtig, ich kann sie nicht mehr greifen, nicht artikulieren. Ich habe Kopfschmerzen und mein emotionales Erleben gleicht einer Achterbahn, ist oftmals völlig unabhängig von dem was im Außen passiert. Ich fühle mich von mir selbst abgeschnitten.

Unter der Rituximab -Behandlung ist es deutlich besser geworden, ich habe bereits wieder Zeiten in denen mein Kopf „ordnungsgemäß“ arbeitet, in denen ich mich normal fühle, ich mich selbst als den Menschen wahrnehmen kann, der ich eigentlich bin.

Umso schlimmer empfinde ich es, wenn ich wie aus dem Hinterhalt in die alten Zustände katapultiert werde, wenn die „Ausfälle“ im Kopf zurück kehren, die mich so sehr am Leben hindern.

Nein, so schlimm wie sie ohne angemessene Behandlung gewesen sind , sind sie nicht mehr. Sie sind auf ein Ausmaß zurück gedrängt, das ich „händeln“ kann,  mit dem ich umgehen kann ohne komplett zusammen zu brechen. Aber sie machen mir Angst. Angst davor, die Behandlung könnte dieses Mal nicht mehr in vollem Umfang anschlagen. Angst davor, dass ich mich nie wieder vollständig auf mich verlassen kann. Angst davor man könnte mir noch ein weiteres Mal, die so dringend benötigte Behandlung verweigern.

Als größte Herausforderung jedoch empfinde ich derzeit meinen Hunger nach Leben. Wenn es mir gut geht möchte ich am Liebsten alles nachholen, was ich so viele Jahre verpasst habe, möchte alles an Leben aufsaugen was nur geht, habe tausend Ideen, sprühe geradezu vor Lebenslust. Aber dann merke ich schnell, dass es so nicht geht. Das es noch ein ziemlicher Weg sein wird bis ich wieder sicheren Boden unter den Füßen habe. Mein Körper zeigt  mir schnell die eigenen Grenzen auf, mahnt mich an mich zurück zu nehmen, mich nicht zu überfordern. Einen Gang zurück zu schalten, um nicht Ruck-Zuck in der „Frustrations-Falle“ zu landen…

In solchen Situationen meldet sich dann auch wieder die alte Wunde meiner Krankengeschichte in meinem Inneren. Bilder aus vergangenen Tagen tauchen auf, Erinnerungsfetzen aus diesem endlosen Kampf um Diagnose und Behandlung.

Ja, im letzten Sommer war ich unter Rituximab nach vielen Jahren das erste Mal stabil, ohne diese Zustände, ohne vom Cortison aufgetrieben, ohne vom Leben abgeschnitten zu sein.  Wenn ich daran denke, dann wünsche ich mir man hätte mich ernst genommen, mir wirklich zugehört, mich nicht alleine gelassen. Ich wünsche mir man hätte die Folgebehandlung rechtzeitig in die Wege geleitet, denn dann wäre es mir erspart geblieben ein weiteres halbes Jahr meines Lebens an meinen „Wolf“ abtreten zu müssen ….

Welch ein Glück, dass es Mohnblüten gibt und dass ich sie sehen kann, der ganzen Geschichte zum Trotz…. IMG_2025

 

 

2 Comments on “Mohnblüten…

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